Leitungswasserschaden abgrenzen mittels Isotopenanalyse

Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche sind sehr häufig mit der Beantwortung der Frage beschäftigt, ob ein Wasserschaden an einem Gebäude einen Leitungswasserschaden darstellt oder nicht. Hintergrund hierfür ist, dass in der Regel nur ein Leitungswasserschaden versichert ist. Ein Wasserschaden, der auf eine andere Wasserquelle zurückzuführen ist, ist für Versicherungen oft nicht ersatzpflichtig (es kommt natürlich dabei auch immer auf den jeweiligen Versicherungsvertrag an).

Wasserschäden an Gebäuden bestehen oft aus nassen Fußböden

Wasserschäden an Gebäuden stellen sich oft durch vernässte Fußböden dar. Das in die betroffenen Fußböden eingetretene Wasser – „Schadwasser“ genannt – führt dann in der Regel zu aufsteigenden Feuchtigkeiten in den Wänden. Weiterhin kann es innerhalb der Fußböden auch zur Bildung von Schimmel kommen. In solchen Fällen ist die Frage zu beantworten, welches Wasser für die Vernässung ursächlich war bzw. aus welcher Quelle das Schadwasser stammte.

Leitungswasser als mögliche Wasserquelle

Als mögliche Wasserquelle kommt zunächst Leitungswasser in Betracht. Hierunter ist dasjenige Wasser zu verstehen, das in geschlossenen Rohrleitungen fließt. Im gebäudlichen Bereich zählen hierzu Trinkwasser (kalt und warm), Heizungswasser sowie Abwasser (Regenwasser und Schmutzwasser). Leitungswasser vermag aus undichten Stellen in den betreffenden Rohrleitungen auszutreten und zum Beispiel Fußböden zu vernässen. Das nennt man dann einen Leitungswasserschaden.

Es kann auch von außen zugetretenes Wasser gewesen sein

Fallweise ist als Wasserquelle auch möglicherweise von außen zugetretenes Wasser zu berücksichtigen. Das kann erdgebundenes Grund- oder Schichtenwasser sein, aber auch so genanntes Oberflächenwasser. Unter Oberflächenwasser ist zum Beispiel niedergegangenes Regenwasser zu verstehen, das nicht versickert ist. Es fließt den jeweiligen Gefällelagen entsprechend ab und möglicherweise zu Gebäuden hin. Solche Wässer können keinen Leitungswasserschaden verursachen.

Wie ist die schadensverursachende Wasserquelle zu ermitteln?

Hat ein Gebäude einen Wasserschaden erlitten, denkt man zunächst immer – siehe oben – an einen potenziellen Leitungswasserschaden. Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche prüfen deshalb als Erstes, ob es in Bezug auf einen Leitungswasserschaden vielleicht undichte Stellen in den in Frage kommenden Rohrleitungen gibt. Hierfür werden zum Beispiel Leckageortungen oder Kanalkamera-Befahrungen durchgeführt. Es kommt mitunter dabei vor, dass solche Leckageortungen ergebnislos oder ergebnisoffen verlaufen oder die Gesamtlage insgesamt unklar ist. Dass zum Beispiel je nach Beschaffenheit der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auch von außen zugetretenes Wasser als Schadensursache in Frage kommt, vielleicht auch als mitwirkende Ursache. Aber auch andere Wässer wie zum Beispiel Abblaswasser von Sicherheitsventilen oder Kondensate aus Klimaanlagen und Kühlzellen (siehe unten) kommen als mögliche Schadensursachen in Frage.

Eine Isotopenanalyse kann helfen

Es kommt darauf an, die unterschiedlichen Merkmale der für einen Wasserschaden in Frage kommenden Wässer zu kennen. Und sie mit den Merkmalen des Schadwassers zu vergleichen. Ergibt sich eine Übereinstimmung von Merkmalen, kann man Rückschlüsse auf die Herkunft von Schadwasser ziehen. Mit Hilfe einer Isotopenanalyse kann man diesbezüglich Hinweise auf die Herkunft eines Wassers – hier eines Schadwassers – gewinnen. Hierbei werden Wasserisotope analysiert. Das Grundprinzip ist dabei die Bestimmung der relativen Anteile der leichten und schweren Isotope von Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser. Die einzelnen Atome von Wasser- und Sauerstoff, aus dem Wasser besteht, können unterschiedliche Massen besitzen. So existieren beispielsweise zwei stabile Isotope von Wasserstoff: der „normale“ Wasserstoff und das Deuterium, das doppelt so schwer ist wie „normaler“ Wasserstoff.

Verdunstung und Kondensation spielen eine Rolle

Die Isotope eines Elements unterscheiden sich wegen ihrer unterschiedlichen Massen hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften. Zum Beispiel verdunsten Moleküle von „schwerem“ Wasser deutlich langsamer. Sie reichern sich somit in einer Flüssigphase an, wenn leichte Wassermoleküle zum Beispiel aus einer Pfütze verdunsten. Diese Aufteilung der Isotopen bei Verdunstung und Kondensation, die so genannten „Isotopensignaturen“, macht man sich bei der Interpretation einer Isotopenanalyse zu Nutze. Denn Verdunstung und Kondensation erzeugen typische Isotopensignaturen je nach Wassertyp.

 

Isotopenanalyse: ein Beispiel aus der Gutachter-Praxis

Nachfolgend wird beispielhaft von einem Fall berichtet, bei der eine vom Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche durchgeführte Isotopenanalyse zum Einsatz kam. In diesem Fall lag ein vernässter Fußboden größeren Umfangs vor. Als potenzielle Quellen für das Schadwasser kam Leitungswasser in Frage, aber auch das Kondensat von größeren Kühlzellen, die in der Küche eines Restaurants aufgestellt waren. Das stetig anfallende Kondensat – also die kondensierte Feuchtigkeit der kalten Luft – wurde in einen Ablauftrichter geleitet. Dieser Ablauftrichter lief aber über, weil sich im angeschlossenen Geruchsverschluss (Siphon) wegen Bakterienwachstums eine Verstopfung des Ablauf ereignete. Um zu bestimmen, ob das Schadwasser aus dem Kondensat bestand oder es vielleicht doch Leitungswasser gewesen ist, wurden Proben vom Schadwasser, vom Kondensat und vom Leitungswasser (Trinkwasser) genommen. Die Proben wurden dann einer Isotopenanalyse unterzogen.

 

Ergebnis einer Isotopenanalyse: liegt ein Leitungswasserschaden vor?

Interpretation des Ergebnisses einer Isotopenanalyse

In der hier zu sehenden Abbildung ist beispielhaft das Ergebnis der in diesem Fall durchgeführten Isotopenanalyse dargestellt. Hier sind die stabilen Isotope von Sauerstoff-18 in Abhängigkeit von Deuterium zu sehen. Es ist eine blaue Gerade eingezeichnet. Diese Gerade nennt man „Global Meteoric Water Line (GMWL)“, zu Deutsch: „mittlere globale Niederschlagsgerade“. Diese gibt die sich in charakteristischen Grenzen bewegenden Isotopensignaturen für Regenwasser bzw. die Niederschläge wieder, wobei grob zwischen Winter- und Sommerniederschlägen zu unterscheiden ist. Zusätzlich sind noch Niederschlagsdaten einer Wetterstation eingetragen, die sich nahe des Schadenortes befindet und die die GMWL bestätigen.

Kennzeichen für Verdunstung und Kondensation

Eine zusätzliche Information, die die GMWL liefert, ist die, dass Isotopensignaturen, die rechts der GMWL liegen, Wässer kennzeichnen, aus denen bereits ein Teil verdunstet ist. Isotopensignaturen, die links der GMWL liegen, deuten dagegen auf Kondensationsprozesse der untersuchten Wässer hin. Die Verdunstungs- und Kondensationsprozesse verlaufen – sofern diese unter normalen raumklimatischen Bedingen stattfinden – dabei entlang einer Gerade, welche die Steigung 4 aufweist. Zwei dieser Geraden sind in der Abbildung als rote Linien eingetragen.

Leitungswasser hat den Schaden hier nicht verursacht

Aus der Abbildung ergibt sich nun, dass die Isotopensignatur des vorliegend beprobten Leitungswassers (blaues Dreieck) nahe der GMWL liegt. Dies ist wenig überraschend, da Leitungswasser grundsätzlich aus Niederschlag gespeist wird. Weiterhin ist zu erkennen, dass die Isotopensignatur des beprobten Schadwassers (roter Kreis) ebenfalls nah bzw. sogar auf der GMWL liegt. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Isotopensignatur des Leitungswassers nahe der Geraden mit der Steigung 4 liegt, die von der Isotopensignatur des Schadwassers ausgeht. Insofern könnte man davon ausgehen, dass es sich bei dem Schadwasser um Leitungswasser handeln könnte, aus dem ein Teil bereits verdunstet ist. Dem wurde diesseits aber keine große Wahrscheinlichkeit zugesprochen. Denn die Isotopensignatur des Schadwassers liegt auf der GMWL und nicht rechts davon. Das heißt, dass das Schadwasser kaum Verdunstungsmerkmale aufweist. Das hätte aber so sein müssen, wenn es aus Leitungswasser bestünde, zumal sich das Wasser schon länger außerhalb der Leitung befunden und somit eine Verdunstung eingetreten sein muss.

Die Isotopensignatur von Kondensat bedarf einer Interpretation

Die Isotopensignatur des beprobten Kondensats (grünes Viereck) liegt erwartungsgemäß links der GWML (in der wie bereits gesagt Isotopensignaturen von Kondensaten zu erwarten sind). Sie liegt aber auch nicht auf der Geraden mit der Steigung 4, die von der Isotopensignatur des Schadwassers ausgeht. Daher könnte man vermuten, dass das Schadwasser nicht im Kondensat seinen Ursprung hatte. Diese Vermutung ist jedoch zu relativieren.

Die Isotopensignatur von Kondensaten schwankt

Denn die Isotopensignatur von Kondensaten schwankt, und zwar in Abhängigkeit der Jahreszeit. Denn das Kondensat besteht aus kondensierter Luftfeuchtigkeit, deren Isotopensignatur sich jahreszeitlich ändert. Die Isotopensignaturen von Kondensat aus kondensierter Luftfeuchtigkeit bewegen sich daher in einem breitem Bereich. Sofern Kondensat in einen Bodenaufbau eindringt, bildet sich schließlich eine Mischsignatur des zu verschiedenen Jahreszeiten und Bedingungen produzierten Kondensats aus. Deshalb kennzeichnet die Signatur des beprobten Kondensats „lediglich“ eine Momentaufnahme hinsichtlich der Isotopensignatur. Zu einem anderem Zeitpunkt hätte die Isotopensignatur des Kondensats insofern ganz woanders gelegen. Typisch für die Isotopensignaturen von Kondensaten ist aber, dass diese deutlich links der GWML zu finden sind.

Auch Kondensat verdunstet

Nun kommt es nach der Einleitung von Kondensat in einen Fußbodenaufbau zu einer Verdunstung des Wassers. Dabei verändert sich die Isotopie des Schadwassers derart, dass sich die Isotopensignatur entlang einer Geraden mit der Steigung 4 nach rechts/oben „verändert“. Bei der Rückprojektion des Schadwassers (zur Beurteilung dessen ursprünglicher Isotopie) muss die Isotopenzusammensetzung des Schadwassers deshalb nach links/unten – entlang einer Gerade mit der Steigung 4 – projiziert werden.

Also stellte Kondensat die Schadensursache dar

Das dem Schaden zu Grunde liegende Wasser musste eine Ursprungsisotopie aufweisen, die deutlich links der GWML liegt. Solche Wässer kennzeichnen dabei eindeutig Kondensate. Da das Schadwasser zudem über einen längeren Zeitraum in die Bausubstanz eingedrungen ist – was aus dem Schadenbild heraus zu erkennen war – muss das Schadwasser zwingend Verdunstungsprozessen innerhalb des Fußbodenaufbaus ausgesetzt gewesen sein. Aus diesem Grund – in Verbindung mit den sonstigen Erkenntnissen – kam vorliegend nichts Anderes als Kondensat als Schadensursache in Betracht. Ein „klassischer“ Leitungswasserschaden lag demnach nicht vor.

 

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Schäden und Mängel an öffentlichen Kläranlagen

Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche begutachten regelmäßig Schäden und Mängel an öffentlichen Kläranlagen. Hierbei geht es insbesondere um die jeweilige technische Ausrüstung (Maschinen und Anlagen) und die Verfahrenstechnik von Kläranlagen. Nachfolgend berichten wir von zwei eindrucksvollen Beispielen.

Faulschlammmischer in neuen Faultürmen einer Kläranlage führen zu Betriebsunterbrechungen

So sehen Faultürme von Kläranlagen bisweilen aus.Eine Kläranlage mit einer Ausbaugröße von 320.000 EW erhielt zwei neue Faultürme mit einem Volumen von jeweils 5.000 m³. In der nebenstehenden Abbildung ist einer dieser beiden Faultürme zu sehen. In den Faultürmen erfolgt der anaerobe Abbau von Schlämmen, die u.a. innerhalb der Kläranlage entstehen, unter Bildung von energetisch verwertbarem Biogas bzw. Klärgas.

 

Es waren spezielle Faulschlammmischer eingebaut worden

In beiden Faultürmen der Kläranlage wurden Faulschlammmischer eingebaut. Sie dienen der Optimierung der Prozesse in den Faultürmen (insbesondere dienen sie der Optimierung der Gasausbeute). Hierbei wird der Inhalt der Faulbehälter (der so genannte „Faulschlamm“) umgewälzt. Zentraler Bestandteil eines Faulschlammmischers ist hier ein jeweils senkrecht im Faulturm aufgestelltes Rohr. Oben in diesem Rohr ist eine Antriebsschnecke eingesteckt, das man „Laufrad“ nennt. Das Laufrad ist an einer Antriebswelle montiert, die wiederum mit einem Motor verbunden ist. Somit vermag sich das Laufrad zu drehen, wobei die Drehrichtung des Laufrads veränderbar ist.

 

Füllstandsschwankungen beim Umschalten der Betriebsweise

Durch die Drehung des Laufrads wird der Faulschlamm je nach Drehrichtung entweder von unten nach oben durch das Rohr gesaugt (Aufwärtsbetrieb). Oder er wird von oben nach unten durch das Rohr gedrückt (Abwärtsbetrieb). In beiden Betriebsweisen sind jeweils entsprechende Vorteile verinnerlicht (Beseitigung von Schwimmschlamm beim Abwärtsbetrieb, Beseitigung von Sedimenten beim Aufwärtsbetrieb). In der Regel erfolgt dann und wann eine Umschaltung der Betriebsweisen. Nun ist es so, dass es bei der Umschaltung zwischen den beiden Betriebsweisen strömungsbedingt zu Füllstandsschwankungen innerhalb der Faultürme kommt. Allerdings darf sich der Füllstand in einem Faulturm bei den vorliegend verwendeten Faulschlammmischern nur in einem bestimmten Fenster bewegen. Das liegt daran, dass ein bestimmtes Teil der Faulschlammmischer sich immer oberhalb des Faulschlammspiegels befinden muss. Ein anderes Teil muss immer im Faulschlamm eingetaucht sein. Daher ist der Füllstand im Faulturm wie gesagt nach oben wie nach unten hin begrenzt.

 

Not-Abschaltung nach Überschreiten von Grenzwerten bezüglich der Füllstände

Die Erfassung der Füllstände in den Faultürmen erfolgt mittels entsprechender Füllstands-Messeinrichtungen. Die Anlagensteuerung erhält dann diese Messdaten. Wird dort ein Überschreiten des Maximalfüllstands oder ein Unterschreiten des Minimalfüllstands erkannt, erfolgt eine Not-Abschaltung. Problematisch wird das, wenn der Minimalfüllstand unterschritten wurde. Denn dann ist die Zufuhr weiteren Faulschlamms in den Faulturm abzuwarten. Denn nur durch die Zufuhr weiteren Faulschlamms erhöht sich der Füllstand. Das auf diese Weise erreichte Überschreiten des Minimalfüllstandes kann dann aber so lange dauern, dass eine andere Funktion der Anlagensteuerung anspringt. Nach 15 Minuten Stillstand des Faulschlammmischers wird nämlich der Notablass des Faulturms geöffnet. Hierüber wird dann Faulschlamm in erheblicher Menge aus dem Faulturm abgelassen.

 

Am Ende war die Lösung für die Kläranlage einfach

Vorliegend war es also dazu gekommen, dass es zu mehreren länger andauernden Betriebsunterbrechungen kam, weil beim Umschalten der Betriebsweise der Faulschlammmischer entsprechende Füllstandsschwankungen entstanden sind. Diese haben dann mitunter zu Not-Abschaltungen geführt. Das Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche hatte dies nach eingehender Analyse des Betriebs der Faulschlammmischer und nach Auswertung der aufgezeichneten Betriebsdaten erkannt. Die Lösung des Problems war dann einfach: die Vergrößerung der Spreizung zwischen den Minimal- und Maximalfüllständen, die etwas zu scharf eingestellt war.

 

Überschreitung von Grenzwerten im Ablauf einer Kläranlage

Beispiel für ein Nachklärbecken von KläranlagenBei einer Kläranlage mit einer Ausbaugröße von 16.000 EW, deren Nachklärbecken nebenstehend zu sehen ist, kam es an einem bestimmten Tag zu einer Überschreitung der Ablauf-Grenzwerte in Bezug auf CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf) und Phosphor. Der Ablaufwert für den CSB betrug dabei 3.600 mg/l. Da der Kläranlage aber ausschließlich häusliche Abwässer zugeleitet werden, liegen die Zulaufwerte beim CSB unter bzw. im Bereich von 1.000 mg/l. Kläranlagen, denen ein CSB von 1.000 mg/l zuläuft, kann aber im jeweiligen Ablauf niemals einen größeren CSB-Wert aufweisen. Es sei denn, dass es zu einer Ausschwemmung von Belebtschlamm aus den Kläranlagen kommt. Der Belebtschlamm verursacht nämlich ebenfalls einen CSB. Die Überschreitung des CSB-Grenzwertes musste somit durch ausgeschwemmten Belebtschlamm verursacht worden sein. Die Überschreitung des Phosphor-Grenzwertes war auf denselben Effekt zurückzuführen, da sich die bei der Phosphatfällung entstehenden Phosphatflocken teilweise an den Belebtschlamm anlagern.

 

Keine hydraulische Überlastung der Kläranlage

Am Tag, als man die Grenzwert-Überschreitungen festgestellt hatte, hatte es im Vormittag einen länger andauernden Regen gegeben. Aus diesem Grund soll die durch die Kläranlage durchlaufende Abwassermenge erhöht gewesen sein. Während der Trockenwetterabfluss ansonsten im Bereich zwischen 60 und 90 m³/h liegt, soll die Abwassermenge am Schadenstag bis zu 300 m³/h betragen haben. Ausgelegt ist die Kläranlage allerdings auf eine Menge von 400 m³/h. Daher kann eine hydraulische Überlastung der Kläranlage, die möglicherweise zu einer Ausschwemmung von Belebtschlamm hätte führen können, nicht vorgelegen haben. Die erhöhte Abwassermenge war also nicht die Ursache für die Grenzwert-Überschreitungen bzw. das Ausschwemmen von Belebtschlamm.

 

Keine Flotationseffekte

Schließlich war zu vermuten, dass die Verdichter für den Eintrag von Sauerstoff in die biologische Klärstufe der Kläranlage eine Fehlfunktion gehabt haben könnten. Dass zu viel Sauerstoff bzw. Luft eingetragen worden war mit der Folge eines Flotationseffektes, der den Belebtschlamm möglicherweise aufschwimmen ließ. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der vielleicht flotierte Belebtschlamm sich im Nachklärbecken nicht abscheiden ließ. Nach der Analyse der Betriebsdaten der Verdichter stellte sich aber heraus, dass eine solche Fehlfunktion nicht vorgelegen haben kann. Somit fielen die Verdichter als Verursacher des Schadens aus.

 

Kein Blähschlamm

Dann wurde Blähschlamm als mögliche Schadensursache untersucht. Unter „Blähschlamm“ wird dabei ein Belebtschlamm verstanden mit einem Schlammindex, der größer ist als 150 ml/g. Blähschlamm hat schlechte Absetzeigenschaften, das heißt, dass es zum Abtreiben von Schlammflocken aus den Nachklärbecken von Kläranlagen kommen kann. 150 ml/g sind allerdings nur eine ungefähre Richtgröße. Denn es kommt auch immer auf die jeweilige Kläranlage an, ob sich nämlich die Überschreitung dieser „Grenze“ negativ auswirkt oder nicht. Nach diesbezüglichen Untersuchungen wurde jedoch festgestellt, dass die Kläranlage im Allgemeinen kein Problem mit Blähschlamm hat. Zudem hatte das Abwasser am Schadentag solche chemischen Eigenschaften, dass eine Blähschlamm-Bildung nicht hat stattfinden können. Weiterhin war am Schadenstag der Schlammindex gemäßigt, er lag insbesondere unter einem Wert von 150 ml/g.

 

Die Ursache lag in der Zuführung von Tausalz

Nach weiteren Recherchen zur Schadensursache haben die Sachverständigen von Dr. Hövelmann & Rinsche dann festgestellt, dass in der Woche vor dem Schadentag Frostbedingungen vorherrschten. Weiterhin wurde ermittelt, dass während dieser Frostperiode auf den Straßen im Einzugsgebiet der Kläranlage, die in die Kläranlage entwässern, Streusalz bzw. Tausalz aufgebracht worden war. Zudem hatte es – wie bereits erwähnt – am Tag, als man die Grenzwert-Überschreitungen festgestellt hatte, im Vormittag einen länger andauernden Regen gegeben. Dieser Regen fiel zwar leicht bis mäßig aus, jedoch dauerte er relativ lange an, nämlich fast fünf Stunden. Es lag daher die Vermutung nahe, dass in dieser Zeit das in den Tagen zuvor aufgebrachte Tausalz anlässlich des Dauerregens der Kläranlage zugeführt wurde. Die Kläranlage erlitt demnach einen „Salzstoß“.

 

Tausalz beeinträchtigt die Flokkulation von Belebtschlammflocken

In einer der zentralen Literaturquellen für Funktionsstörungen auf Kläranlagen (/1/) wird hierzu in Bezug auf den Belebtschlamm von einem Flockenzerfall berichtet, der durch einen Salzstoß zu Stande kommen könne. In /2/ wird hierzu erweiternd ausgeführt, dass im Abwasser von Kläranlagen vorhandene Natriumionen einen Einfluss auf das Absetzverhalten von Belebtschlammflocken hätten. Im Allgemeinen gilt zunächst, dass die Flockulation von Belebtschlamm, also die Zusammenballung von Belebtschlammflocken zu absetzbaren Aggregaten, maßgeblich von der Gegenwart von Kationen abhängt. Hierbei gilt folgende Reihenfolge in Bezug auf die Flockulationskraft der Kationen:

 

Ca2+ > Mg2+ > K+ > Na+

 

Zweiwertige Kationen wie Calcium oder Magnesium haben eine größere Flockulationskraft als einwertige Kationen wie Kalium und Natrium. Indes ist es so, dass die Zugabe von einwertigen Kationen zu einer Verdrängung der zweiwertigen Kationen an der Belebtschlammflocke führt. Somit kommt es zu einer Verschlechterung der Flockulation mit der Folge eines Flockenzerfalls. Es wird davon berichtet, dass es insbesondere nach einem Einsatz von Streu- bzw. Tausalz und häufig von einem Tag auf den anderen zu einer deutlichen Verschlechterung der Bildung von Belebtschlammflocken in Kläranlagen kommen könne. Dies, weil es mit dem Tausalz auch zu einem Eintrag von Natrium kommt, das wie gesagt zum Flockenzerfall führen kann.

 

Salze im Abwasser verursachen Dichteströmungen

Des Weiteren wird in /1/ berichtet, dass es bei unterschiedlichen Leitfähigkeiten im Zulauf zur Nachklärung und im Nachklärbecken selbst zu Dichteströmungen kommen kann. Diese könnten dann einen Feststoffaustrag aus der Nachklärung von Kläranlagen herbeiführen. Insbesondere sei dies im Winterhalbjahr der Fall, wenn es zu Tausalzeinträgen kommen könne. Es werden also mit Flockenzerfall und Dichteströmung zwei Phänomene beschrieben, die auf dem Eintrag von Natrium bzw. Salz beruhen. Das natriumhaltige Salz Natriumchlorid ist Bestandteil von Streu- bzw. Tausalz. Daher lag es nahe zu vermuten – zumal andere potenzielle Schadensursachen ausgeschlossen werden konnten – dass es im Ablauf der hier vorliegenden Kläranlage wegen des Tausalzeinsatzes in Verbindung mit dem Dauerregen zur Überschreitung der Grenzwerte beim CSB und Phosphor gekommen war.

 

Litaraturnachweise

/1/ Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg: Funktionsstörungen auf Kläranlagen, Karlsruhe, 1997
/2/ Sölter, K.: Der Einfluss von Natriumionen auf das Absetzverhalten von Belebtschlammflocken, wwt, 10/2010

 

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Schäden an Sprinkleranlagen und Feuerlöschanlagen

Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche begutachten regelmäßig Schäden an Sprinkleranlagen und Feuerlöschanlagen. Dabei ist jeder einzelne Fall eine Besonderheit für sich. Jeder Schaden an einer Sprinkleranlage oder Feuerlöschanlage ist anders. Das liegt auch daran, dass jede dieser Anlagen ein Unikat ist. In diesem Artikel wird hierzu von spannenden Fällen aus unserer Begutachtungspraxis erzählt.

Sprinkleranlage wird aktiv obwohl es nicht brennt

Hier war es so, dass die Sprinkler Dr. Hövelmann & Rinsche direkt unterhalb eines Glasdachs eingebaut waren. Unten links in der Abbildung sieht man einen dieser Sprinkler.

 

Sprinkler von Sprinkleranlagen lösen bei bestimmten Temperaturen aus

Nun ist es so, dass in einem jeden Sprinkler eine Glasampulle eingebaut ist (siehe die Abbildung unten in der Mitte, die den allgemeinen Aufbau eines Sprinklers zeigt).

 

Die Glasampulle verschließt den Öffnungsmechanismus des Sprinklers. Weiterhin ist es so, dass die Glasampullen jeweils mit einer bestimmten Flüssigkeit gefüllt sind. Die Färbungen dieser Flüssigkeiten zeigen an, bei welchen Temperaturen der Sprinkler jeweils auslöst.

 

Die Abbildung unten rechts zeigt, welche Farbe für welche Auslösetemperatur steht. Werden die entsprechenden Temperaturen erreicht, zum Beispiel wenn es brennt, dann dehnt sich die in der Glasampulle enthaltene Flüssigkeit aus. Die ausgedehnte Flüssigkeit übt dann einen Druck auf die Wände der Glasampulle aus, so dass diese zum Bersten gebracht bzw. gesprengt wird. Auf diese Weise wird der Sprinkler geöffnet, so dass Löschwasser auszutreten vermag.

 

Es kommt also darauf an zu bestimmen, bei welcher Temperatur die Sprinkler von Sprinkleranlagen auslösen sollen. Hierbei sind immer die gegebenen Umstände zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall enthielten die Glasampullen in den Sprinklern unter dem Glasdach eine rote Flüssigkeit. Daher sollten die Sprinkler bei einer 68 °C auslösen. Unter dem Glasdach kam es aber durch die Sonneneinstrahlung teilweise zu noch höheren Temperaturen. Dies hatte mit die Folge, dass die Sprinkler auslösten, obwohl es nicht brannte. Durch das austretende Löschwasser entstand ein entsprechender Wasserschaden am Gebäude.

 

Sprinkler aus einer der von Dr. Hövelmann & Rinsche untersuchten Sprinkleranlagen</a>“ width=“100%“ align=“left"“ /></p>
<h2 style=Korrosion führt zur Undichtigkeit in einer der begutachteten Sprinkleranlagen

In diesem Fall, den die Gutachter und Sachverständige von Dr. Hövelmann & Rinsche zu begutachten hatten, waren in einer Sprinkleranlage zwei verschiedene Rohrleitungsmaterialien verwendet worden, nämlich Eisenstahl für die Hauptverteilerrohre und verzinkter Stahl für die Strangrohre. Gleichzeitig fanden ständig Umbauten an der Sprinkleranlage statt, bei denen das Rohrleitungssystem jeweils entleert und neu befüllt wurde. Schließlich stellte man fest, dass es zu Undichtigkeiten kam, und zwar an Dichtungen.

 

Die Durchführung von Probenahmen steht am Anfang einer jeden Untersuchung

Im Rahmen der Begutachtung wurden Rohrstücke aus der Installation entnommen sowie Proben des Löschwassers, das sich innerhalb der Sprinkleranlage befand, gezogen. Hierbei wurde festgestellt, dass sich in der Sprinkleranlage nicht nur Löschwasser befand, sondern auch Gas. Insofern wurden auch Proben dieses Gases genommen.

 

Es ergab sich, dass sowohl die entnommenen Rohrstücke, die aus Eisenstahl bestanden, als auch diejenigen aus verzinktem Stahl, auf ihren Innenseiten (also auf den Löschwasser-berührten Seiten) korrodiert waren. Teilweise war bei den verzinkten Stahlrohren die Zinkschicht bereits vollständig abgetragen worden. Die Abbildung unten links zeigt die Korrosion an einem Rohrstück aus Eisenstahl, die Abbildung unten rechts diejenige des Rohrstücks aus verzinktem Stahl.

 

Korrodierte Rohre aus einer der von Dr. Hövelmann & Rinsche untersuchten Sprinkleranlagen

 

Die Analyse der gezogenen Wasserproben ergab, dass ein relativ hoher pH-Wert vorherrschte und dass das Löschwasser Eisen und Zink in bedeutenden Konzentrationen enthielt. Die Analyse der Gasproben zeigte, dass die Gase u.a. Wasserstoff und Methan enthielten.

 

Eigenalkalisierung führte zur Erhöhung des pH-Wertes im Löschwasser

Die Ergebnisse der o.a. Untersuchungen ergaben den folgenden Schadensmechanismus: Durch die beständige Neubefüllung der Sprinkleranlage mit Wasser wurde auch immer wieder Sauerstoff ins System eingetragen. Dieser führte zu einer andauernden Korrosion des Eisenstahls. Hierbei erfolgte eine permanente Erhöhung des pH-Wertes des Löschwassers („Eigenalkalisierung“ genannt).

 

Wasserstoffkorrosion von Zink

Bei der o.a. Eigenalkalisierung wurden pH-Werte erreicht, die das Zink der verzinkten Stahlrohre korrodieren ließen (Zink ist ab einem bestimmten pH-Wert nicht mehr beständig). Das Zink korrodierte dabei in Form der so genannten „Wasserstoffkorrosion“, bei der es zur Bildung von gasförmigen Wasserstoff kam, das ja dann auch in der Gasphase des Löschwassers aufgefunden wurde. Der Wasserstoff wiederum muss in das Metallgefüge der Rohrleitungen eingedrungen sein. Dort reagierte er mit Zementit, einer Eisen-Kohlenstoff-Verbindung, die Bestandteil von Eisenstählen ist, unter Bildung von Methan, das ja auch vorgefunden wurde.

 

Der Umstand, dass sich bei den o.a. Vorgängen Gase gebildet hatten (Wasserstoff und Methan), führte zu einer Druckerhöhung im System. Diese Druckerhöhung führte dann zu den Undichtigkeiten an den bereits erwähnten Dichtungen.

Aus Druckminderern für Wandhydranten tritt Löschwasser aus

Wandhydrant

Hier ging es um ein Hochhaus, das auf jeder Etage mit Wandhydranten ausgerüstet worden war. Einer dieser Wandhydranten ist links in der Abbildung zu sehen.

 

In der Löschwasseranlagen waren Druckminderer eingebaut

Die Wandhydranten sind an ein Rohrleitungssystem angeschlossen, in dem permanent Löschwasser unter Druck vorgehalten wird – wie bei Sprinkleranlagen. Da auch die Wandhydranten in den oberen Etagen mit einem ausreichenden Löschwasserdruck zu versorgen sind, musste ein entsprechender Gesamtdruck (28 bar) vom System erzeugt werden. Dieser hohe Gesamtdruck von 28 bar überstieg jedoch den maximal verträglichen Druck der Wandhydranten in den unteren Etagen. Daher waren für diese Wandhydranten Druckminderer eingebaut worden.

 

gerissene Membran eines Druckminderers

Aus mehreren dieser Druckminderer war nun Löschwasser ausgetreten, was einen entsprechenden Gebäudeschaden zur Folge hatte. Die Ursache für die Wasseraustritte aus den Druckminderern waren dabei Risse in den Membranen, die in sie eingebaut sind (siehe das Beispiel in der rechten Abbildung). Durch diese Risse vermochte Löschwasser von den wasserberührten Seiten der Membranen auf ihre „trockenen“ Seiten zu treten. Von hier aus kam es durch Öffnungen in den Gehäusen der Druckminderer zu einem Wasseraustritt nach außen hin ins Gebäude. Im Rahmen unserer Begutachtung war zu ermitteln, wie es zu den Rissen in den Membranen gekommen war.

 

Löschwasserpumpen

Die Löschwasserpumpen gingen häufig in Betrieb

Durch Auswertung der Betriebsdaten der Löschwasserpumpen (siehe die Abbildung links) konnte festgestellt werden, dass diese sehr häufig von der Anlagensteuerung in Betrieb gesetzt worden sind. Der Grund hierfür waren Absenkungen im Betriebsdruck. Der Betriebsdruck fiel unter einen Sollwert, weshalb die Anlagensteuerung die Löschwasserpumpen veranlasste, den Solldruck wieder herzustellen. Bei der jeweiligen Inbetriebsetzung der Löschwasserpumpen pumpten diese allerdings in ein geschlossenes System hinein. Das sind optimale Bedingungen für die Erzeugung von Druckstößen.

 

Druckstöße können sich schädlich auswirken

Druckstöße entstehen in einer Rohrleitungsanlage dann, wenn sich die Strömungsgeschwindigkeit der transportierten Flüssigkeit schnell ändert. Das ist in der Regel der Fall, wenn Schieber bzw. Ventile zu rasch bzw. schlagartig geschlossen werden oder es zu einem plötzlichen Pumpenausfall oder zu einem abrupten Aus- oder Einschalten von Pumpen kommt. Infolge der Massenträgheit der transportierten Flüssigkeit kann sich die Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeitssäule als Ganzes dann nicht mehr dem neuen Zustand anpassen, die Flüssigkeit wird verformt, und dabei entstehen dynamische Druckänderungen – „Druckstöße“ genannt.

 

Druckstöße stellen für die Bestandteile einer Rohrleitungsanlage eine besondere Gefahr dar. Es können Drücke (und Unterdrücke) auftreten, die die Standfestigkeit von Anlagenbestandteilen zu übersteigen vermögen. Druckstöße sind auch deshalb gefährlich, weil sie nahezu unabgemindert und mit Schallgeschwindigkeit jeden Ort einer Rohrleitungsanlage erreichen und dort ihre schädliche Wirkung entfalten können.

 

Die von den Löschwasserpumpen erzeugten Druckstöße dürften die Membranen in den Druckminderern überlastet haben. In der Folge kam es zu den Rissbildungen. Die Druckabsenkungen wiederum, die die Löschwasserpumpen im Grunde in Betrieb gesetzt haben, sind sehr wahrscheinlich durch eine Undichtigkeit in der Rückschlagklappe auf der Druckseite der Löschwasserpumpen entstanden. Immerhin steht auf dieser Rückschlagklappe der Gesamtdruck der gesamten Anlage an. Somit dürfte es zu einem Rücklauf von Löschwasser aus der Anlage in die Vorratsbecken für Löschwasser gekommen sein.

Das Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche untersucht Schäden an Sprinkleranlagen und Feuerlöschanlagen

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Begutachtung von Frostschäden

Was uns im Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche regelmäßig als Schadensart begegnet, sind Frostschäden. Durch solche Frostschäden können teilweise immense Schäden an Gebäuden entstehen, da es bei einem Frostschaden zu Austritten von Leitungswasser kommen kann. Und dieses ausgetretene Leitungswasser vermag eine Gebäudesubstanz entsprechend zu schädigen bzw. einen entsprechenden Wasserschaden zu erzeugen. Häufig wird aber von den Geschädigten eines Frostschadens bestritten, dass ein solcher vorliegt. Deshalb ist es enorm wichtig, eine Begutachtung so durchzuführen, dass Frostschäden gegebenenfalls auch bewiesen werden können.

 

Wie erkennt man einen Frostschaden?

Dass ein Frostschaden vorliegen könnte, kann man generell an Hand der folgenden Kriterien erkennen:

 

  • Schadenbild
  • Witterungsbedingungen
  • örtliche Umstände

Bei einem Frostschaden liegen typische Schadenbilder vor

Erste deutliche Hinweise auf einen möglicherweise vorliegenden Frostschaden sind die jeweiligen Schadenbilder. Diese stellen sich zum Beispiel dar

 

  • als aufgeplatzte Leitungen,
  • als aufgeplatzte Heizkörper oder auch als
  • auseinandergeschobene Rohrverbindungen.

In den folgenden beiden Abbildungen sieht man als Beispiele zwei aufgeplatzte Leitungen, so wie sie nur unter Frosteinwirkung entstehen können. Das sind zwei äußerst typische Schadenbilder für einen unter Frost entstandenen Schaden.

 

Zwei äußerst typische Schadenbilder sieht man auch darunter, nämlich einerseits eine auseinander geschobene Rohrverbindung (links) und andererseits einen aufgeplatzten Heizkörper (rechts).

 

Frostschäden an Rohrleitungen
Frostschäden an einer Rohrverbindung und an einem Heizkörper

 

Warum platzen Rohrleitungen bei Frost?

Voraussetzung dafür, dass Rohrleitungen unter Frosteinwirkung platzen können, ist, dass die Rohrleitungen mit Wasser gefüllt sind. Weiterhin besteht eine Voraussetzung darin, dass das Wasser in den Leitungen stagniert. Dass es also nicht zu Fließbewegungen kommt. Wenn das beides gegeben ist und Frostbedingungen herrschen, dann gefriert das Wasser innerhalb der Rohrleitungen, das heißt, dass es vom flüssigen Zustand in den festen Zustand (Eis) übergeht. Hierbei dehnt sich das Wasser aus; es nimmt ein größeres Volumen an. Und während es zunehmend erstarrt, entstehen – da ja eigentlich nicht genug Platz in einer Rohrleitung für größere Wasservolumina vorhanden ist – in mit Wasser gefüllten Rohrleitungen solch hohen Drücke („Erstarrungsdrücke“ genannt), die die Rohrleitungen zum Platzen bringen können.

 

Ist eine Rohrleitung frostbedingt aufgeplatzt, erfolgt durch die entstandene Öffnung in der Regel aber erst einmal kein Wasseraustritt. Das gefrorene Wasser bildet einen Eispropfen, der die Öffnung temporär noch verschließt. Erst wenn die Temperaturen wieder angestiegen sind und das Eis auftaut, tritt Wasser aus.

 

Für einen Frostschaden muss es kalt gewesen sein

Damit sich ein Frostschaden ereignen kann, müssen Frostbedingungen vorherrschen. Das heißt, dass die Lufttemperaturen unterhalb der Frostgrenze gelegen haben müssen, also nahe bzw. unterhalb von 0 °C. So werten wir hier im Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche, immer wenn ein potenzieller Frostschaden zu untersuchen ist, die Temperaturen aus, die im zeitlichen Vorfeld des Schadens vorgelegen haben.

 

Die nachfolgende Abbildung zeigt zum Beispiel die Ganglinien für die Lufttemperaturen in Aachen für den Zeitraum 22.12.2024 bis 18.01.2025 (erstellt über Wetterkontor). Es ist zu erkennen, dass etwa ab dem 09.01.2025 die Tiefstwerte für die Temperaturen unterhalb von 0 °C gefallen sind. Und auch die Mittelwerte lagen im Bereich der Frostgrenze. Das sind Bedingungen, die einen Frostschaden potenziell begünstigen.

 

Temperaturganglinien zur Untersuchung von Frostschäden

 

Mit den örtlichen Umständen sind diejenigen Umstände gemeint, die dazu führen, dass die niedrigen Temperaturen tatsächlich die vollgefüllte Rohrleitung, in der das Wasser stagniert, auch erreichen. In der Regel ist das dann der Fall, wenn ein Haus oder eine Wohnung nicht beheizt wird. Dass also eine Auskühlung stattfindet. Eine Ausnahme sind beheizte Häuser, in denen aber Rohrleitungen nicht frostsicher verlegt worden sind, zum Beispiel in nicht gedämmten Kniestöcken bzw. Drempeln im Dachgeschoss. Meistens werden aber nicht beheizte Häuser von Frostschäden heimgesucht.

 

Gründe für eine Auskühlung von Häusern

In den meisten Fällen sind diejenigen Häuser von Auskühlungen betroffen, die nicht mehr bewohnt sind. Dann wird schlichtweg die Heizung ausgestellt, nach dem Motto: keine Bewohner – keine Heizung. Im Falle von Ölheizungen kann es auch sein, dass nicht bewohnte Häuser zwar anfangs beheizt worden sind, aber die Heizung ausfällt wegen Ölmangels. Dass man also versäumt hat, leer gewordene Öltanks nachzufüllen. In einigen Fällen waren jedoch bei von uns begutachteten Frostschäden Ölleitungen nicht frostsicher verlegt, also die Leitungen von den Tanks zu den Heizanlagen. Diese Ölleitungen sind dann eingefroren bzw. flockte das Heizöl aus, was zu Verstopfungen führte, so dass kein Heizöl mehr nachkam.

 

Obliegenheiten von Versicherungsnehmern

Ist ein Haus oder eine Wohnung gegen Frostschäden versichert, so müssen Versicherungsnehmer diesbezüglich bestimmte Obliegenheiten erfüllen. Sie sind gemäß der Allgemeinen Versicherungsbedingungen verpflichtet, „in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten“. Gerade Letzteres hat eine große Bedeutung. Denn wenn man in nicht genutzten Häusern alles Leitungswasser ablässt, kann auch trotz einer etwaigen Nicht-Beheizung kein Forstschaden eintreten. Denn ohne Wasser kann es nicht zum Einfrieren kommen.

 

Das Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche untersucht Frostschäden

Wie ausgeführt sind detaillierte Untersuchungen erforderlich um das etwaige Vorliegen eines Frostschadens detektieren zu können. Diesbezüglich kann das Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche auf langjährige und erfolgreiche Erfahrungen zurückblicken. Hier geht zur Website für etwaige Anfragen: Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche.

Eingeschleifte Rohrleitungen: Sinn oder Unsinn?

Eingeschleifte Rohrleitungen

Bei eingeschleiften Rohrleitungen der Wasserversorgung sind die Entnahmestellen praktisch in Reihe geschaltet. Das nebenstehende Bild stammt aus der Broschüre „Wassergüte“ der Viega Holding GmbH & Co. KG aus Attendorn. Es zeigt symbolhaft eine Installation mit einer eingeschleiften Rohrleitung. Das heißt, dass es nicht nur eine Stichleitung zu den einzelnen Zapfstellen gibt. Es gibt darüber hinaus eine „Rückführleitung“, ähnlich einer Warmwasser-Zirkulation oder einer Heizungswasser-Installation.

Stagnation soll verhindert werden

Eingeschleifte Rohrleitungen sollen dazu führen, dass allzu lange Stagnationszeiten in den Einzelleitungen zu selten genutzten Entnahmestellen wie Außenzapfstellen oder Nachfüllstellen für Heizungsanlagen vermieden werden sollen. Bei eingeschleiften Rohrleitungen bewegt sich das Wasser in den Leitungen nämlich zumindest immer dann, wenn häufiger benutzte Zapfstellen geöffnet werden.

Gedacht als Maßnahme zur Trinkwasserhygiene

Eingeschleifte Rohrleitungen sollen u.a. einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene liefern. Insbesondere soll das Wachstum von Legionellen verhindert oder zu mindestens beschränkt werden. Legionellen sind Bakterien, die humanpathogen sind, das heißt, dass sie potenziell Krankheiten beim Menschen auszulösen vermögen.

Legionellen sind das Problem

Legionellen vermehren sich insbesondere in stagnierendem und sich erwärmendem Kaltwasser. Die optimalen Lebensbedingungen für Legionellen herrschen bei Temperaturen zwischen 25 und 50 °C. In diesem Temperaturfenster sind Legionellen lebens- und zugleich vermehrungsfähig. Zwischen 50 °C und 55 °C sind Legionellen dann zwar lebensfähig, vermehren sich aber nicht mehr. Ab einer Temperatur von 55 °C kommt es dann zur Abtötung der Legionellen.

Es den Legionellen ungemütlich machen

So soll Kaltwasser immer eine Temperatur von weniger als 25 °C haben und Warmwasser immer eine von mehr als 55 bzw. 60 °C (hierzu gibt es unterschiedliche Vorgaben). Insbesondere bei Kaltwasser kann die o.a. Forderung aber nicht immer erfüllt werden, wenn das Wasser zum Beispiel zu lange in den Leitungen steht, also stagniert, und sich hierbei mit der Zeit aufwärmt. Dann kann es bei hohen Außentemperaturen dazu kommen, dass das (Kalt)Wasser zu warm wird. Andererseits kann sich Warmwasser durch Stagnation abkühlen. Es können dabei Temperaturbereiche erreicht werden, in denen Legionellen wieder lebens- und vermehrungsfähig sind. Durch eingeschleifte Leitungen erhofft man sich daher, länger andauernde Stagnationsperioden zu verkürzen und (bei Kaltwasser) den erwärmten Leitungsinhalt, der womöglich die Lebensbedingungen für die Legionellen fördert (siehe oben), öfter gegen kaltes Frischwasser auszutauschen.

Was sagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik?

Unter den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ sind laut des BVerwG (Beschluss vom 30.09.1996, 4 B 175/96, BauR 1997, 290-291) diejenigen Prinzipien und Lösungen zu verstehen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben. Zudem muss eine technische Regel in der Wissenschaft als theoretisch richtig gelten. Es ist damit also stets eine Anerkennung in Theorie und Praxis erforderlich (siehe Leuschner, M.: Was sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik?, Der Bausachverständige 4/2019, 54-56).

Keine Anerkennung in der Praxis

Nimmt man die o.a. Definition her, so fällt es schwer, das Durchschleifen von Trinkwasserleitungen in Form einer technischen Installation als eine allgemein anerkannte Regel der Technik zu sehen. Es findet sich hierüber zwar die eine oder andere Fundstelle in der Fachliteratur, doch darüber, dass sich das Einschleifen von Rohrleitungen als technische Lösung am Markt durchgesetzt hätte, kann nicht die Rede sein. Die Anerkennung in der Praxis (siehe oben) ist damit nicht gegeben. Allenfalls könnte man sagen, dass sich das Einschleifen von Rohrleitungen in Küchen und Badezimmern, in denen es mehrere Zapfstellen gibt, zunehmend durchsetzt. Hier macht das Einschleifen auch Sinn, denn auf Grund der direkten Nachbarschaft der einzelnen Zapfstellen sind die Rohrschleifen kurz und es kommt häufiger zu einem Wasserfluss. Anders ist das, wenn man beispielsweise weit entfernte Außenzapfstellen einschleifen will.

Was sagen die Normen und Regelwerke?

Auch in den Normen und in den Regelwerken der Fachverbände findet sich kein Wort zum Einschleifen von Rohrleitungen. Es steht zwar in der DIN EN 806-2 („Technische Regeln für Trinkwasser­-Installationen – Teil 2: Planung“) geschrieben, dass eine „Trinkwasser-Installation … so zu planen (ist), dass … stagnierendes Wasser vermieden“ wird. Des Weiteren heißt es in der DIN EN 806-2, dass „Entnahmestellen für geringe Entnahmen oder seltene Benutzung … nicht am Ende einer langen Leitung eingebaut werden (dürfen)“. Was in diesem Zusammenhang „lang“ bedeutet, wird allerdings nicht näher ausgeführt.
In der DIN EN 806-4 („Technische Regeln für Trinkwasser-­Installationen – Teil 2: Installation“) heißt es dann noch, dass „Rohrleitungen … so anzuordnen (sind), dass die Stagnation verringert wird“. Schließlich steht in der DIN 1988-200 („Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe; Technische Regel des DVGW“), dass „Umgehungsleitungen, die zu Stagnation führen, unzulässig (sind)“.

Die Normen und Regelwerke sind zu unpräzise

Letztendlich sind die Ausführungen in den o.a. Normen zu unpräzise, als dass man hieraus ableiten könnte, dass man Leitungen stets einschleifen sollte. Denn allein zum Beispiel die Formulierung, dass „stagnierendes Wasser vermieden“ werden soll, zeigt die ganze Ungenauigkeit. Denn es kommt im Grunde genommen fortwährend zu Stagnationen, denn Zapfstellen werden – auch in Haushaltungen – relativ selten genutzt. Den allergrößten Teil des Tages ruht das Wasser in den Leitungen. Auch in eingeschleiften Rohrleitungen stagniert das Wasser die allermeiste Zeit.

Problematisch soll es nach vier Stunden Stagnation werden

Folgt man einer Empfehlung des Umweltbundesamtes („Trinkwasser aus dem Hahn“, Berlin 2020), dann soll man bereits nach vier Stunden das Stagnationswasser nicht mehr zum Trinken oder zur Speisenzubereitung verwenden. Man soll in diesem Fall das Stagnationswasser ablaufen lassen. Wenn es also gemäß Umweltbundesamt nach vier Stunden schon zu einem Problem durch stagnierendes Wasser kommen kann, dann nützen auch eingeschleifte Leitungen nichts. Denn auch in eingeschleiften Leitungen wird das Wasser die allermeiste Zeit länger als vier Stunden stagnieren. Es ist ja wie gesagt nicht so, dass in eingeschleiften Leitungen das Wasser permanent bewegt wird.

Das Umweltbundesamt äußert sich nicht zu eingeschleiften Leitungen

Vermeidung von Risiken durch stagnierendes Wasser (Umweltbundesamt)

Wie bei den Normen und Regelwerken findet sich in den Ausführungen des Umweltbundesamtes kein Wort zu eingeschleiften Leitungen. In der nebenstehenden Abbildung ist zum Beispiel eine Grafik des Umweltbundesamtes zu sehen zur Vermeidung von Risiken durch stagnierendes Wasser. Eingeschleifte Leitungen sind hier nicht zu erkennen. Alle Zapfstellen werden hier über Stichleitungen versorgt.

Empfehlung zur Vermeidung von Rückverkeimung

Die einzige technische Empfehlung, die vom Umweltbundesamt gegeben wird, ist die, dass „dauerhaft unzureichend oder gar nicht genutzte Leitungsabschnitte im Zweifel vom übrigen Leitungsnetz durch das Schließen des zugehörigen Absperrventils vorübergehend oder ganz abgetrennt werden“. Diese Empfehlung wird ausgesprochen, da die potenzielle Verkeimung in einem Leitungsabschnitt mit Stagnation auf das übrige Leitungsnetz zurückschlagen kann (die so genannte „Rückverkeimung“). Daher der Hinweis auf die Abtrennung dieser Leitungsabschnitte.

Die Verweilzeit wird vergrößert

Was bei eingeschleiften Rohrleitungen unbedingt zu beachten ist, ist die Tatsache, dass auf Grund der teils langen Rohrleitungen die Verweilzeit des Wassers vergrößert wird. Das wiederum führt zu längerer Stagnation, weshalb zu lange Rohrleitungen auch kontraproduktiv zur guten Absicht, Stagnation zu vermeiden, sein kann.

Es kommt auch auf den Einzelfall an

Ein häufig auftretendes Problem sind beispielsweise lange Stichleitungen zu Außenzapfstellen (siehe oben). Oftmals verlaufen diese Stichleitungen aber durch Kellerbereiche. Und da muss man sich fragen, ob es in einem Keller zu Temperaturen kommen kann, die oberhalb von 25 °C liegen können. Denn nur dann kann es zur Verkeimung kommen. Ein anderer hier zu begutachtender Fall betraf eine Stichleitung zur Nachspeisung einer Heizungsanlage. Heizungswasser dient aber nicht zu Trinkwasserzwecken, so dass eine Verkeimung in einer solchen Stichleitung nicht unbedingt vermieden werden muss. Allenfalls die Vermeidung einer von einer solchen Leitung möglicherweise ausgehenden Rückverkeimung wäre beachtenswert. Ein solches Problem braucht man aber nicht unbedingt mit einer eingeschleiften Rohrleitung zu lösen. So sollte man immer den jeweiligen Einzelfall betrachten und entsprechend bewerten.

Das Ergebnis der Betrachtungen

Was eingeschleifte Rohrleitungen angeht, kann man zum jetzigen Zeitpunkt das Folgende sagen:

  • Eingeschleifte Rohrleitungen zählen (noch) nicht zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik
  • Auch in eingeschleiften Rohrleitungen stagniert das Wasser die überwiegende Zeit.
  • Lange Rohrleitungen widersprechen der guten Absicht nach kurzen Stagnationszeiten.
  • Es dürfte auf den jeweils gegebenen Anwendungsfall ankommen anstatt auf eine pauschale Vorgabe.

Die Wertermittlung bei technischen Anlagen und Maschinen: es kommt auch auf den Markt an!

Bei der Wertermittlung bei technischen Anlagen und Maschinen geht es um Geld.

Eine Wertermittlung ist immer eine besondere Sache, weil das Ergebnis einer Wertermittlung stets diskussionswürdig ist. Das liegt daran, dass es keine allgemein verbindlichen Kriterien für die Ermittlung von Werten gibt. In dem sehr interessanten Artikel Was Bestandsanlagen wert sind des Rechtsanwalts Andreas Kleefisch kommt das ganz gut zum Ausdruck. Hier wird in Zusammenhang mit der Wertermittlung sogar von „Wildwest“-Zuständen gesprochen. Und das mag stimmen, denn Werte zu ermitteln ist sehr häufig einer subjektiven Betrachtung geschuldet. Objektive Kriterien finden sich wie gesagt wenige.

Warum werden Wertermittlungen durchgeführt?

Die Gründe, die Wertermittlungen bei technischen Anlagen und Maschinen auslösen, können vielfältig sein. In Gerichtsverfahren will man wissen, um welchen Betrag man streitet. Eine Bank will wissen, welche Kreditsicherheit geboten wird. Ein Unternehmenskäufer will im Rahmen einer Due Dilligence wissen, welcher Preis realistisch ist. Ein Steuerberater braucht Daten für steuer- und bilanzrechtliche Einordnungen. Der Insolvenzverwalter will wissen, welchen Wert die Konkursmasse hat. Oder weder Käufer noch Verkäufer kennen den zu zahlenden Preis für eine zu veräußernde Sache.

Der Markt entscheidet

Über allem steht der Markt. Denn es kommt immer darauf an, ob es potenzielle Käufer für eine Sache gibt oder gäbe. Denn es nützt der schönste Wert nichts, wenn keine Abnehmer vorhanden sind. Das gilt insbesondere für Sachen, die es nicht zu Zehntausenden gibt wie zum Beispiel Autos und Häuser, sondern beispielsweise Sonderanfertigungen von Anlagen und Maschinen, womöglich jeweils nur für einen einzigen Zweck bestimmt. Ein Förderband für Koks ist halt nur für Kokereien interessant, davon einmal abgesehen, dass Kokereien zum Zeitpunkt einer potenziellen Veräußerung auch noch Bedarf für ein Förderband haben müssten. Sehr plastisch dargestellt werden diese Zusammenhänge in der sehr amüsanten Fernsehsendung Bares für Rares. Diese Show sei jedem Wertermittler ans Herz gelegt. Denn hier sieht man das ganze Konfliktpotenzial im Dreierpack:

1. die Wertvorstellung von Verkäufern,
2. die Wertermittlung bzw. -schätzung von Experten bzw. Gutachtern und
3. der Markt bzw. die potenziellen Käufer, hier dargestellt durch Händler, die eine Ware nur bei einer Wiederverkaufsmöglichkeit und für einen bestimmten Preis abzunehmen bereit sind.

Die Werte, die sich aus den Vorstellungen der drei oben Beteiligten ergeben, unterscheiden sich in der Realität mitunter sehr deutlich voneinander. Und wenn es – unabhängig vom Wert oder Preis – keine Käufer gibt, gibt es auch keinen Verkauf, so wertvoll eine Sache für einen Verkäufer auch sein mag.

Bei der Wertermittlung kommt es auf den Marktwert an

Wie bei Bares für Rares ist es im richtigen Leben bzw. in der Geschäftswelt: Es geht im Grunde eigentlich immer um den Marktwert (bei Immobilien auch Verkehrswert genannt). Der Marktwert ist dabei laut des Wikipedia-Eintrags zum Marktwert derjenige Wert, der einem Wirtschaftsobjekt auf einem Markt durch den Marktpreis von den Marktteilnehmern beigemessen wird. Doch wie lässt sich der Marktwert ermitteln? Laut §9 Bewertungsgesetz (BewG) ist Bewertungen im Allgemeinen der gemeine Wert zugrunde zu legen. Hierzu wird im BewG dann ausgeführt, dass der gemeine Wert … durch den Preis bestimmt (wird), der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.

Wieviel ist eine technische Anlage oder eine Maschine nun wert?

Folgt man dem BewG, dann ist zunächst die Beschaffenheit zu bestimmen bzw. zu bewerten. Ein reparaturanfälliges altes Schätzchen, das aus allen Löchern pfeift, ist dabei sicherlich weniger wert als eine neuwertige Maschine, die problemlos ihre Stückzahlen macht. Für die Bewertung der Beschaffenheit eignet sich beispielsweise das vom Institut für Sachverständigenwesen e.V. vorgeschlagene Verfahren zur Zeitwertberechnung. Der Zeitwert ist dabei definiert als der Wert einer Maschine oder Anlage unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres Betriebszustandes, insbesondere der Abnutzung und der Instandhaltung, der Verwendung und Nutzung sowie der durchschnittlichen technischen Nutzungs- und Lebensdauer. Genau das, was die Beschaffenheit eben ausmacht. Aber was ist mit dem Preis, der laut BewG bei einer Veräußerung zu erzielen wäre? Nun, das dürfte von den jeweiligen Umständen abhängen. Denn für eine Veräußerung braucht man – siehe oben – auch einen Käufer bzw. einen Markt, auf dem man die zu bewertende Sache auch losschlagen kann. Fälle, bei dem ein Käufer, der eine gesamte Anlage kauft, um sie weiter zu betreiben oder eine Maschine, die der Käufer ohne Probleme in seinen Maschinenpark integrieren kann, sind da noch relativ einfach zu bewerten. Aber was ist mit dem bereits erwähnten Förderband für Koks? Der Aspekt eines nicht vorhandenen Marktes kann bei einer Wertermittlung leicht dazu führen, dass eine Anlage oder eine Maschine nicht nur nichts wert ist, sondern auch einen „negativen“ Wert hat, das heißt, dass man Kosten aufzuwenden hat, um die Sache im Fall der Fälle überhaupt loszuwerden, zum Beispiel auf dem Schrottplatz.

Sie interessieren sich für die Leistungen des Sachverständigen- und Gutachterbüros Dr. Hövelmann & Rinsche in Zusammenhang mit Wertermittlungen? Dann erfahren Sie hier mehr: Sachverständige und Gutachter für die Bewertung und Wertermittlung technischer Anlagen und Maschinen

Wo liegt sie nun, die Rückstauebene?

Die Rückstauebene ist ein Begriff, der in Zusammenhang mit dem Phänomen Rückstau Anwendung findet. Unter einem „Rückstau“ ist dabei in diesem Fall ein Rückstau aus der öffentlichen Kanalisation zu verstehen. Dieser kann zum Beispiel dann vorkommen, wenn der öffentlichen Kanalisation so viel Wasser zugeführt wird, dass sie nicht mehr in der Lage ist, dieses Wasser vollständig abzuführen. Solche Wassermengen entstehen insbesondere bei starken Regenfällen. Es sind aber auch andere Ereignisse denkbar, die Rückstauereignisse zur Folge haben können. Hierzu zählen beispielsweise der Ausfall von Pumpwerken oder Abflusshindernisse in der Kanalisation. Auch reine Schmutzwasserkanäle können übrigens von Rückstau betroffen sein – zum Beispiel wenn Straßen überschwemmt werden und sich die Schmutzwasserkanäle über die Schachtdeckel füllen.

Das Wasser kommt aus der Kanalisation

Bei einem Rückstau kann sich das Wasser in die Anschlussleitungen der Häuser, die an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen sind, zurückdrücken. Das Wasser tritt dann in den Häusern an den denjenigen Wasserabläufen oder offenen Stellen aus, die unterhalb der so genannten „Rückstauebene“ liegen. Hier ist ein eindrucksvolles Video zu sehen, wo gezeigt wird, wie rückgestautes Wasser aus einem WC, das sich unterhalb der Rückstauebene befindet, austritt und ein Kellergeschoss flutet:

Die Straßenoberkante als Rückstauebene…

Es gilt, dass rückgestautes Wasser nicht höher steigen als das Niveau der Rückstauebene. Im Allgemeinen gilt dabei die Höhenlage der Straßenoberkante als Rückstauebene. Dies deshalb, weil in der Kanalisation ansteigendes Wasser über die in der Regel gelochten Deckel der mit der Kanalisation verbundenen Schächte sowie über die an die Kanalisation angeschlossenen Straßenabläufe austreten und anschließend über die Straßenoberflächen abfließen kann.

Was steht in den Abwassersatzungen?

In Deutschland sind die Städte und Gemeinden abwasserbeseitigungspflichtig. Das heißt, dass sie zum Beispiel Kanalisationen errichten und betreiben müssen. Wenn man sich nun an eine solche öffentliche Kanalisation anschließt, muss man die Abwasser- oder Entwässerungssatzungen der Städte und Gemeinden beachten. Hierin steht u.a., dass sich die Anschlussnehmer selbst gegen Rückstau zu sichern haben. Freundlicherweise werden diesbezüglich dann noch Hinweise dazu gegeben, wie die Höhenlage der Rückstauebene in der jeweiligen Gemeinde oder in der jeweiligen Stadt zu definieren ist. Zumeist wird hierbei die Straßenoberkante genannt (siehe oben). Zuweilen findet man dann auch weitere Präzisierungen, dass es sich beispielsweise um die Höhenlage der Straßenoberkante vor dem Haus oder an der Stelle des Anschlusses handelt. Auch werden dann und wann die Gehwege mit einbezogen.

Die Definitionen in den Satzungen sind zu pauschal

Was auch immer die Satzungen zur Lage der Rückstauebene sagen, wenn man die Rückstauebene aus technischer Sicht betrachtet (das heißt, wenn man sich wirklich gegen Rückstau schützen will), sind die Vorgaben aus den Abwasser- und Entwässerungssatzungen in vielen Fallen zu pauschal. Die Definitionen aus den Satzungen berücksichtigen nämlich nicht die jeweils vorliegenden individuellen Verhältnisse. Was ist zum Beispiel mit Hanggrundstücken? Was ist zum Beispiel des Weiteren mit einer Straße, in denen gar kein Kanal verlegt ist, sondern erst in der übernächsten Straße?

Dann entscheiden die Gerichte

Die ungenaue und zu pauschale Angabe aus den Satzungen, wonach die Rückstauebene auf Höhe der Straßenoberkante liegt, führt insbesondere bei Streitigkeiten über Mängel (ist eine Rückstausicherung erforderlich oder nicht?) oder bei Schäden (Wasserschaden durch Rückstau) zu unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten, die dann in der Regel nur juristisch per Gerichtsurteil aufzuklären sind.

Definition der Rückstauebene nach DIN 12056-1

Unter einer „Rückstauebene“ ist gemäß der Norm DIN EN 12056-1 („Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Teil 1: Allgemeine und Ausführungsanforderungen“) diejenige Höhenlage zu verstehen, „bis zu der Wasser in einer Entwässerungsanlage ansteigen kann“. Das heißt richtigerweise, dass die Lage der Rückstauebene von Ort zu Ort unterschiedlich und damit immer in der Örtlichkeit zu prüfen ist. Eine schöne Aufgabe für Sachverständige und Gutachter.

Rohrleitungen mit Unterbögen

Prinzipskizze eines Unterbogens

Ein Unterbogen (auch „Wassersack“, „Wasserrückstau“, „Wasserspiegel“, „Ausbiegung“ oder „Absackung“ genannt) ist eine abgesackte Strecke in einer Rohrleitung oder in einem Kanal. Hierdurch entsteht innerhalb einer Rohrleitung oder eines Kanals ein Bereich, der ein Gegengefälle hat (zuweilen auch „Kontergefälle“ genannt). In sol­chen Bereichen bleibt demzufolge das Wasser stehen (siehe die nebenstehende Prinzipskizze eines Unterbogens). Bei Kanalkamera-Befahrungen kann man einen Unterbogen deshalb daran erkennen, dass die Kanalkamera in einen Wasserstau hineinfährt und anschließend wieder heraus.

Es besteht Verstopfungsgefahr

Unterbögen wirken wie Sedimentationszo­nen. Hier können sich Fest­stoffe absetzen und anreichern. Abgelagerte Feststoffe wirken wie Abflusshindernisse, die den bestimmungsgemäßen Abfluss des Abwassers einschränken können. Die Feststoffe können sich auch durchaus so weit auftürmen, dass Verstopfungen entstehen können. In diesem Fall käme es zu einem Rückstau von Abwasser entgegen der Fließrichtung.

Auch die Druckverhältnisse können beeinflusst werden

Des Weiteren können Unterbögen bzw. mit Wasser gefüllte Teilbereiche einer Rohrleitung – entsprechende Wasserstände vorausgesetzt – die Be- und Entlüftung bzw. den Druckausgleich beim Fließprozess negativ beeinflussen. Auch können Druckschwankungen auftreten, die womöglich Geruchsverschlüsse leerzusaugen vermögen.

Was sagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik?

Eine grundsätzliche Anforderung an Entwässerungssysteme ist ein verstopfungs­freier Betrieb. Deshalb widersprechen Rohrleitungsstrecken, die ein Gegengefälle aufweisen und somit verstopfungsanfällig sind, den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Rohrleitungen sollen daher in einem durchgängigen Gefälle verlegt werden. Hierdurch erreicht man auch die geforderten ausreichend großen Fließgeschwindigkeiten. Denn diese sind erforderlich, um ausreichend große Wandschubspannungen zu erzeugen, die einer Ablagerung von Feststoffen entgegenstehen. Erreichen kann man dies u.a. über ein bestimmtes Mindest-Gefälle der Rohrleitungsstrecke. Dabei müssen aber nicht nur der Anfang und das Ende einer Rohrlei­tungsstrecke einen gewissen Höhenunterschied der Sohltiefen aufweisen. Auch die Rohrleitung selbst muss wie gesagt ein durchgängig gleichmäßiges Gefälle längs der gesamten Strecke besitzen. Da in einem Unterbogen das Gefälle jedoch negativ ist, wird hier die für einen erfolgreichen Feststofftransport erforderliche Wandschubspannung nicht erreicht.

Wie entstehen Unterbögen?

Unterbögen beruhen entweder auf Verlegefehlern oder sie entstehen im Laufe der Zeit. Unterbögen in neuen Rohrleitungen können in der Regel immer auf Verlegefehler zurückgeführt werden, zum Beispiel dadurch, dass die Rohrbettung nicht fehlerfrei hergestellt wurde. Bei Unterbögen, die sich mit der Zeit entwickeln, vermutet man Undichtigkeiten in den Rohrleitungen als Ursache. Durch Undichtigkeiten aus den Rohrleitungen austretendes Wasser vermag nämlich die Rohrbettung über Jahre hinweg gesehen zu unterspülen. Dies dürfte bei den ganz alten Rohrleitungen der Fall sein, die in den Muffen noch mit Teerstricken abgedichtet waren. Diese Teerstricke verrotten irgendwann, so dass entsprechende Undichtigkeiten entstehen können. Daher sind in den ganz alten Rohrleitungen häufig Unterbögen vorzufinden. Heutzutage verwendet man üblicherweise Gummidichtungen, die entsprechend haltbar sind. Von daher sind in solchen Rohrleitungen mit der Zeit entstehende Unterbögen eigentlich nicht zu erwarten. Potenziell undichte Stellen können aber durch einwachsende Wurzeln entstehen.

Unterbögen sind Schäden

Zur Bewertung von Unterbögen dahingehend, ob sie Schäden darstellen, kann der „Bildreferenzkatalog – Private Abwasserleitungen“ des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herangezogen werden. Diese Literaturquelle stellt eine Orientierungs- und Arbeitshilfe für die Auswertung der Ergebnisse von Zustandsprüfungen privater Abwasserleitungen dar. Sie wurde auf der Basis der Normen DIN EN 13508-2 („Untersuchung und Beurteilung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden, Teil 2: Kodiersystem für die optische Inspektion“) in Verbindung mit dem DWA-M 149-2 („Zustandserfassung und -beurteilung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden, Teil 2: Kodiersystem für die optische Inspektion“) und der DIN 1986-30 („Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 30: Instandhaltung“) erarbeitet.

Auszug aus dem Bildreferenzkatalog Private Abwasserleitungen in Bezug auf Unterbögen

Der auf Unterbögen bezogene Ausschnitt des Bildreferenzkataloges ist nebenstehend dargestellt. Demnach zählen Unterbögen mit einem Wasserstand kleiner 30 % zu den Bagatellschäden, für die keine Sanierungsnotwendigkeit besteht. Unterbögen mit Wasserständen zwischen 30 und 70 % sind als mittelgroße Schäden zu bezeichnen, die innerhalb von 10 Jahren zu beseitigen sind. Unterbögen mit Wasserständen größer 70 % sind große Schaden, deren Beseitigung unverzüglich zu erfolgen hat. Es ist jedoch unbedingt darauf hinzuweisen, dass der „Bildreferenzkatalog – Private Abwasserleitungen“ für alte Rohrleitungen gedacht ist.

Sind Unterbögen auch Mängel?

Der Begriff „Mangel“ steht insbesondere in Zusammenhang mit Bauleistungen und ist so zu definieren, als dass ein Mangel jede Abweichung der Ist-Beschaffenheit eines Werkes von seiner Soll-Beschaffenheit darstellt. Im Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 09.01.2018 – 2 O 178/14 – heißt es hierzu, dass für die Definition der Soll-Beschaffenheit zunächst die zwischen Bauherr und ausführendem Unternehmen getroffene Beschaffenheitsvereinbarung maßgeblich ist. Sollte es aber an einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung fehlen, kommt es auf die vertraglich vorausgesetzte, sonst auf die gewöhnliche Verwendungseignung und die übliche Beschaffenheit an. Diesbezüglich kann, so wie es weiter im o.a. Urteil heißt, ein Bauherr erwarten, dass das von ihm bestellte Werk zum Zeitpunkt der Fertigstellung (und Abnahme) diejenigen Qualitäts- und Fachstandards erfüllt, die auch vergleichbare andere zeitgleich fertiggestellte und abgenommene Bauwerke erfüllen. Das Werk müsse dabei dem Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme entsprechen. Allein die Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik würde einen Mangel darstellen.

Nun wurde bereits ausgeführt, dass Unterbögen den allgemein anerkannten Regeln der Technik widersprechen. Demnach wären Unterbögen als Mängel anzusehen. Doch ist das nicht so einfach. Denn es gibt zu berücksichtigende Bautoleranzen. Jedoch sind nirgendwo Toleranzen für Unterbögen definiert als im o.a. „Bildreferenzkatalog – Private Abwasserleitungen“. Doch dieser war eigentlich für „alte“ Rohrleitungen gedacht. Gelten nun für neue Rohrleitungen dieselben „Toleranzen“ wie für alte Rohrleitungen?

Was sagen die Gerichte?

Zum o.a. Problem lässt sich das bereits erwähnte Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 09.01.2018 – 2 O 178/14 – aus. Hier ging es um einen Unterbogen in einer neuen Rohrleitung, der einen Wasserstand von 10 % verursachte. Einen solchen Unterbogen sah das Gericht nicht als Mangel an, da einerseits ausweislich des Bildreferenzkataloges Wasserstände bis zu 30 % nicht bedenklich seien. Andererseits vertrat das Gericht die Sichtweise dahingehend, dass man die Gefahr einer Verstopfung nicht vorhersagen könne. Ins selbe Horn bläst diesbezüglich auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Urteil vom 01.12.2014 – 5 K 6952/13. Hier heißt es, dass selbst wenn ein Verstoß gegen die Regeln der Technik vorliegen würde (hier konkret in Bezug auf die Verlegung von Abwasserleitungen gemäß der DIN 1610), sich hieraus keine konkrete Aussicht auf eine vorzeitige Sanierungsbedürftigkeit ergäbe. Es sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit absehbar, ob die gewählte Bauausführung tatsächlich zu späteren Schäden führen würde.

Es kommt auch auf die Umstände an

Die Gerichte haben Recht: Die Existenz eines Unterbogens führt tatsächlich nicht automatisch zu einer Verstopfung oder zu Betriebsproblemen. Es kommt zum Beispiel auch immer darauf an, ob eine Entwässerungsanlage bestimmungsgemäß betrieben wird. Bei reinen Schmutzwasserleitungen zählt hierzu die Art der Feststoffe, die eingeleitet werden. Bestimmungsgemäß „dürfen“ nämlich als Feststoffe nur Fäkalien und Toilettenpapier zum Schmutzwasser gegeben werden. Hiermit ist auch bei schwach ausgeprägten Unterbögen nicht mit Problemen zu rechnen, zumal auch die von WC-Spülungen ausgehenden Spülstöße für ausreichende Spüleffekte sorgen. Werden jedoch andere Stoffe eingeleitet wie Binden, Essensreste, Feuchttücher oder sogar Katzenstreu (alles erlebt), dann besteht natürlich Verstopfungsgefahr (übrigens nicht nur bei der Existenz von Unterbögen). Auch ist in eine Bewertung mit einzubeziehen, ob sich der Unterbogen in einer Rohrleitung befindet, in der beispielsweise nur Regenwasser transportiert wird. Regenwasser zählt zu den Abwässern, die als weitgehend feststofffrei gelten. Aber auch hier gilt: bestimmungsgemäßer Gebrauch! Wer seine Dachrinnen nicht regelmäßig säubert, darf sich nicht wundern, wenn in seinem Regenwasser Feststoffe wie zum Beispiel Blätter von Bäumen mitgeführt werden.

Die sachverständige Bewertung

Ob Unterbögen Mängel oder Schäden darstellen und ob sie zu beseitigen sind, ist immer im Einzelfall zu entscheiden. Auch wenn es Bautoleranzen gibt, so kommt es auch darauf an, ob sich ein Unterbogen vielleicht schon schädlich ausgewirkt hat, zum Beispiel indem sich Ablagerungen oder sogar Verstopfungen gebildet haben. Zudem ist zu berücksichtigen, welche Arten von Abwässern in der vom Unterbogen betroffenen Rohrleitung transportiert werden. Darüber hinaus stellt sich immer die Frage, ob ein Unterbogen, der beispielsweise als ein mittelgroßer Schaden einzustufen ist, nicht schon jetzt beseitigt werden soll und nicht erst in 10 Jahren. Denn zu beseitigen ist er ja in jedem Fall.

Was sagt die DIN 1986-30?

In der DIN 1986-30 („Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 30: Instandhaltung“) wird davon gesprochen, dass bei Unterbögen, die sich außerhalb von Gebäuden „zwischen Schächten mit offenem Durchfluss und Lüftungsöffnungen in den Schachtabdeckungen“ befinden, „im Einzelfall zu prüfen (ist), ob durch häufigeres Reinigen der Leitung der Betrieb aufrechterhalten werden kann oder die Sanierung in einem kürzerem Zeitraum“ zu erfolgen hat. Unabhängig davon, dass zudem zu prüfen wäre, welches Ausmaß eines „häufigeren Reinigens“ zumutbar ist und gegebenenfalls einen Schaden darstellt, deutet die Notwendigkeit, häufiger reinigen zu müssen, darauf hin, dass sich der betreffende Unterbogen bereits schädlich ausgewirkt hat (siehe oben). Denn durch eine Reinigung beseitigt man schließlich Ablagerungen. Die DIN 1986-30 eröffnet damit die Option, eine Sanierung früher stattfinden zu lassen als im „Bildreferenzkatalog – Private Abwasserleitungen“ (der ja übrigens auch mit auf der DIN 1986-30 basiert) angegeben.

Wie sind Unterbögen zu beseitigen?

Beseitigung eines Unterbogens in offener Bauweise

Das Tragische an Unterbögen ist, dass sie nur auf eine Weise beseitigt werden können: durch Freilegung, das heißt durch offene Bauweise und entsprechende Korrektur des Gefälles oder sogar durch Neuverlegung der Rohrleitung. Somit ist die Beseitigung eines Unterbogens immer sehr aufwändig. Denn die Rohrleitungen, um die es hier geht, sind in der Regel so genannte „Grundleitungen“. Das heißt, dass sie untererdig verlegt und auch oftmals überbaut sind. Zum großen Teil liegen die Rohrleitungen unterhalb von Gebäuden, das heißt unterhalb der Kellersohlen. In diesen Fällen ist jeweils der Kellerboden zu öffnen.

Eine Alternative ist, eine vom Unterbogen betroffene Rohrleitung aufzugeben und die Entwässerungsanlage neu zu gestalten bzw. neu zu konzipieren. Dies ist in vielen Fällen aber auch nicht gerade unaufwändig.

Oftmals werden übrigens zur Rohrsanierung Inlinerverfahren angeboten. Aber Vorsicht: mit einem Inliner werden keine Unterbögen beseitigt!