Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche sind sehr häufig mit der Beantwortung der Frage beschäftigt, ob ein Wasserschaden an einem Gebäude einen Leitungswasserschaden darstellt oder nicht. Hintergrund hierfür ist, dass in der Regel nur ein Leitungswasserschaden versichert ist. Ein Wasserschaden, der auf eine andere Wasserquelle zurückzuführen ist, ist für Versicherungen oft nicht ersatzpflichtig (es kommt natürlich dabei auch immer auf den jeweiligen Versicherungsvertrag an).
Wasserschäden an Gebäuden bestehen oft aus nassen Fußböden
Wasserschäden an Gebäuden stellen sich oft durch vernässte Fußböden dar. Das in die betroffenen Fußböden eingetretene Wasser – „Schadwasser“ genannt – führt dann in der Regel zu aufsteigenden Feuchtigkeiten in den Wänden. Weiterhin kann es innerhalb der Fußböden auch zur Bildung von Schimmel kommen. In solchen Fällen ist die Frage zu beantworten, welches Wasser für die Vernässung ursächlich war bzw. aus welcher Quelle das Schadwasser stammte.
Leitungswasser als mögliche Wasserquelle
Als mögliche Wasserquelle kommt zunächst Leitungswasser in Betracht. Hierunter ist dasjenige Wasser zu verstehen, das in geschlossenen Rohrleitungen fließt. Im gebäudlichen Bereich zählen hierzu Trinkwasser (kalt und warm), Heizungswasser sowie Abwasser (Regenwasser und Schmutzwasser). Leitungswasser vermag aus undichten Stellen in den betreffenden Rohrleitungen auszutreten und zum Beispiel Fußböden zu vernässen. Das nennt man dann einen Leitungswasserschaden.
Es kann auch von außen zugetretenes Wasser gewesen sein
Fallweise ist als Wasserquelle auch möglicherweise von außen zugetretenes Wasser zu berücksichtigen. Das kann erdgebundenes Grund- oder Schichtenwasser sein, aber auch so genanntes Oberflächenwasser. Unter Oberflächenwasser ist zum Beispiel niedergegangenes Regenwasser zu verstehen, das nicht versickert ist. Es fließt den jeweiligen Gefällelagen entsprechend ab und möglicherweise zu Gebäuden hin. Solche Wässer können keinen Leitungswasserschaden verursachen.
Wie ist die schadensverursachende Wasserquelle zu ermitteln?
Hat ein Gebäude einen Wasserschaden erlitten, denkt man zunächst immer – siehe oben – an einen potenziellen Leitungswasserschaden. Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche prüfen deshalb als Erstes, ob es in Bezug auf einen Leitungswasserschaden vielleicht undichte Stellen in den in Frage kommenden Rohrleitungen gibt. Hierfür werden zum Beispiel Leckageortungen oder Kanalkamera-Befahrungen durchgeführt. Es kommt mitunter dabei vor, dass solche Leckageortungen ergebnislos oder ergebnisoffen verlaufen oder die Gesamtlage insgesamt unklar ist. Dass zum Beispiel je nach Beschaffenheit der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auch von außen zugetretenes Wasser als Schadensursache in Frage kommt, vielleicht auch als mitwirkende Ursache. Aber auch andere Wässer wie zum Beispiel Abblaswasser von Sicherheitsventilen oder Kondensate aus Klimaanlagen und Kühlzellen (siehe unten) kommen als mögliche Schadensursachen in Frage.
Eine Isotopenanalyse kann helfen
Es kommt darauf an, die unterschiedlichen Merkmale der für einen Wasserschaden in Frage kommenden Wässer zu kennen. Und sie mit den Merkmalen des Schadwassers zu vergleichen. Ergibt sich eine Übereinstimmung von Merkmalen, kann man Rückschlüsse auf die Herkunft von Schadwasser ziehen. Mit Hilfe einer Isotopenanalyse kann man diesbezüglich Hinweise auf die Herkunft eines Wassers – hier eines Schadwassers – gewinnen. Hierbei werden Wasserisotope analysiert. Das Grundprinzip ist dabei die Bestimmung der relativen Anteile der leichten und schweren Isotope von Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser. Die einzelnen Atome von Wasser- und Sauerstoff, aus dem Wasser besteht, können unterschiedliche Massen besitzen. So existieren beispielsweise zwei stabile Isotope von Wasserstoff: der „normale“ Wasserstoff und das Deuterium, das doppelt so schwer ist wie „normaler“ Wasserstoff.
Verdunstung und Kondensation spielen eine Rolle
Die Isotope eines Elements unterscheiden sich wegen ihrer unterschiedlichen Massen hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften. Zum Beispiel verdunsten Moleküle von „schwerem“ Wasser deutlich langsamer. Sie reichern sich somit in einer Flüssigphase an, wenn leichte Wassermoleküle zum Beispiel aus einer Pfütze verdunsten. Diese Aufteilung der Isotopen bei Verdunstung und Kondensation, die so genannten „Isotopensignaturen“, macht man sich bei der Interpretation einer Isotopenanalyse zu Nutze. Denn Verdunstung und Kondensation erzeugen typische Isotopensignaturen je nach Wassertyp.
Isotopenanalyse: ein Beispiel aus der Gutachter-Praxis
Nachfolgend wird beispielhaft von einem Fall berichtet, bei der eine vom Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche durchgeführte Isotopenanalyse zum Einsatz kam. In diesem Fall lag ein vernässter Fußboden größeren Umfangs vor. Als potenzielle Quellen für das Schadwasser kam Leitungswasser in Frage, aber auch das Kondensat von größeren Kühlzellen, die in der Küche eines Restaurants aufgestellt waren. Das stetig anfallende Kondensat – also die kondensierte Feuchtigkeit der kalten Luft – wurde in einen Ablauftrichter geleitet. Dieser Ablauftrichter lief aber über, weil sich im angeschlossenen Geruchsverschluss (Siphon) wegen Bakterienwachstums eine Verstopfung des Ablauf ereignete. Um zu bestimmen, ob das Schadwasser aus dem Kondensat bestand oder es vielleicht doch Leitungswasser gewesen ist, wurden Proben vom Schadwasser, vom Kondensat und vom Leitungswasser (Trinkwasser) genommen. Die Proben wurden dann einer Isotopenanalyse unterzogen.
Interpretation des Ergebnisses einer Isotopenanalyse
In der hier zu sehenden Abbildung ist beispielhaft das Ergebnis der in diesem Fall durchgeführten Isotopenanalyse dargestellt. Hier sind die stabilen Isotope von Sauerstoff-18 in Abhängigkeit von Deuterium zu sehen. Es ist eine blaue Gerade eingezeichnet. Diese Gerade nennt man „Global Meteoric Water Line (GMWL)“, zu Deutsch: „mittlere globale Niederschlagsgerade“. Diese gibt die sich in charakteristischen Grenzen bewegenden Isotopensignaturen für Regenwasser bzw. die Niederschläge wieder, wobei grob zwischen Winter- und Sommerniederschlägen zu unterscheiden ist. Zusätzlich sind noch Niederschlagsdaten einer Wetterstation eingetragen, die sich nahe des Schadenortes befindet und die die GMWL bestätigen.
Kennzeichen für Verdunstung und Kondensation
Eine zusätzliche Information, die die GMWL liefert, ist die, dass Isotopensignaturen, die rechts der GMWL liegen, Wässer kennzeichnen, aus denen bereits ein Teil verdunstet ist. Isotopensignaturen, die links der GMWL liegen, deuten dagegen auf Kondensationsprozesse der untersuchten Wässer hin. Die Verdunstungs- und Kondensationsprozesse verlaufen – sofern diese unter normalen raumklimatischen Bedingen stattfinden – dabei entlang einer Gerade, welche die Steigung 4 aufweist. Zwei dieser Geraden sind in der Abbildung als rote Linien eingetragen.
Leitungswasser hat den Schaden hier nicht verursacht
Aus der Abbildung ergibt sich nun, dass die Isotopensignatur des vorliegend beprobten Leitungswassers (blaues Dreieck) nahe der GMWL liegt. Dies ist wenig überraschend, da Leitungswasser grundsätzlich aus Niederschlag gespeist wird. Weiterhin ist zu erkennen, dass die Isotopensignatur des beprobten Schadwassers (roter Kreis) ebenfalls nah bzw. sogar auf der GMWL liegt. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Isotopensignatur des Leitungswassers nahe der Geraden mit der Steigung 4 liegt, die von der Isotopensignatur des Schadwassers ausgeht. Insofern könnte man davon ausgehen, dass es sich bei dem Schadwasser um Leitungswasser handeln könnte, aus dem ein Teil bereits verdunstet ist. Dem wurde diesseits aber keine große Wahrscheinlichkeit zugesprochen. Denn die Isotopensignatur des Schadwassers liegt auf der GMWL und nicht rechts davon. Das heißt, dass das Schadwasser kaum Verdunstungsmerkmale aufweist. Das hätte aber so sein müssen, wenn es aus Leitungswasser bestünde, zumal sich das Wasser schon länger außerhalb der Leitung befunden und somit eine Verdunstung eingetreten sein muss.
Die Isotopensignatur von Kondensat bedarf einer Interpretation
Die Isotopensignatur des beprobten Kondensats (grünes Viereck) liegt erwartungsgemäß links der GWML (in der wie bereits gesagt Isotopensignaturen von Kondensaten zu erwarten sind). Sie liegt aber auch nicht auf der Geraden mit der Steigung 4, die von der Isotopensignatur des Schadwassers ausgeht. Daher könnte man vermuten, dass das Schadwasser nicht im Kondensat seinen Ursprung hatte. Diese Vermutung ist jedoch zu relativieren.
Die Isotopensignatur von Kondensaten schwankt
Denn die Isotopensignatur von Kondensaten schwankt, und zwar in Abhängigkeit der Jahreszeit. Denn das Kondensat besteht aus kondensierter Luftfeuchtigkeit, deren Isotopensignatur sich jahreszeitlich ändert. Die Isotopensignaturen von Kondensat aus kondensierter Luftfeuchtigkeit bewegen sich daher in einem breitem Bereich. Sofern Kondensat in einen Bodenaufbau eindringt, bildet sich schließlich eine Mischsignatur des zu verschiedenen Jahreszeiten und Bedingungen produzierten Kondensats aus. Deshalb kennzeichnet die Signatur des beprobten Kondensats „lediglich“ eine Momentaufnahme hinsichtlich der Isotopensignatur. Zu einem anderem Zeitpunkt hätte die Isotopensignatur des Kondensats insofern ganz woanders gelegen. Typisch für die Isotopensignaturen von Kondensaten ist aber, dass diese deutlich links der GWML zu finden sind.
Auch Kondensat verdunstet
Nun kommt es nach der Einleitung von Kondensat in einen Fußbodenaufbau zu einer Verdunstung des Wassers. Dabei verändert sich die Isotopie des Schadwassers derart, dass sich die Isotopensignatur entlang einer Geraden mit der Steigung 4 nach rechts/oben „verändert“. Bei der Rückprojektion des Schadwassers (zur Beurteilung dessen ursprünglicher Isotopie) muss die Isotopenzusammensetzung des Schadwassers deshalb nach links/unten – entlang einer Gerade mit der Steigung 4 – projiziert werden.
Also stellte Kondensat die Schadensursache dar
Das dem Schaden zu Grunde liegende Wasser musste eine Ursprungsisotopie aufweisen, die deutlich links der GWML liegt. Solche Wässer kennzeichnen dabei eindeutig Kondensate. Da das Schadwasser zudem über einen längeren Zeitraum in die Bausubstanz eingedrungen ist – was aus dem Schadenbild heraus zu erkennen war – muss das Schadwasser zwingend Verdunstungsprozessen innerhalb des Fußbodenaufbaus ausgesetzt gewesen sein. Aus diesem Grund – in Verbindung mit den sonstigen Erkenntnissen – kam vorliegend nichts Anderes als Kondensat als Schadensursache in Betracht. Ein „klassischer“ Leitungswasserschaden lag demnach nicht vor.
Hier geht zur Website für etwaige Anfragen: Sachverständigenbüro Dr. Hövelmann & Rinsche.