Die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche begutachten auch immer wieder Schäden und Mängel im Bereich Rohrleitungsbau. Hierzu gehören die unterschiedlichsten Anwendungen wie zum Beispiel der Rohrleitungsbau für industrielle Anlagen, Rohrleitungen für die Versorgung mit Fernwärme, Druckleitungen für die öffentliche Abwasserentsorgung, aber auch der Rohrleitungsbau für die technische Ausrüstung von Gebäuden. Nachfolgend berichten wir von zwei sehr interessanten Beispielen aus unserer Gutachter-Praxis.
Abgestürzte Rohrleitungen
Häufig haben es die Sachverständigen und Gutachter von Dr. Hövelmann & Rinsche mit abgestürzten Rohrleitungen zu tun. In diesem Beispiel war in einer neu gebauten Produktionsstätte für die Herstellung von medizinischen Geräten auch eine Rohrleitungsanlage für die Versorgung der Produktion mit Kühlwasser installiert worden. Hierfür wurden Edelstahlleitungen mit der Werkstoffkennung 304L (AISI) bzw. 1.4307 (EN) und der Dimension 273,00 x 3,00 verwendet. Bereits kurze Zeit nach der Inbetriebnahme stürzte eine dieser Rohrleitungen ab, nämlich die Kühlwasser-Vorlaufleitung.
Der Absturz der Rohrleitung verursachte Schäden
Die nebenstehende Abbildung zeigt die abgestürzte Rohrleitung. Sie wurde bei dem Absturz beschädigt. Daneben kam es zu Sachschäden an betrieblichen Einrichtungen, auf die die Rohrleitung hinabstürzte. Des Weiteren kam es zu einem Ausfall der Kühlwasserversorgung, was einen Produktionsausfall nach sich zog bzw. einen entsprechenden Betriebsunterbrechungsschaden.
Die abgestürzte Rohrleitung war an der Decke abgehängt
Die abgestürzte Kühlwasser-Vorlaufleitung war an der Decke des Technikgeschosses verlegt bzw. war sie dort mittels so genannter „Rohrhalterungen“ abgehängt. Die Rohrhalterungen bestehen dabei vorliegend aus mehreren Elementen, nämlich zunächst aus so genannten „Rohrschellen“, die die abzuhängenden Rohrleitungen in bestimmten Abständen umschließen. Die Rohrschellen wiederum sind mit so genannten „Stababhängern“ verbunden. Die Stabhänger sind in so genannte „Gelenkträgerklammern“ eingehängt, die an den Stahlträgern der Deckenkonstruktion befestigt sind.
Eine der Rohrhalterungen war unterdimensioniert
Die empfohlene maximale Last für die o.a. Gelenkträgerklammern beträgt 2,5 kN. An einer Stelle war die Last – vorliegend bestehend aus den Gewichtskräften der Rohrleitung und des in ihr transportierten Mediums (Wasser) – aber größer als die maximale Last. Aus diesem Grund versagte die Gelenkträgerklammer; sie brach. Dies führte zu einer Kettenreaktion. Denn nun kam es auch zu Überlastungen anderer Gelenkträgerklammern, weil diese plötzlich ebenfalls jeweils einer größeren Last ausgesetzt waren. Die Schadensursache bzw. die anfängliche Überlastung kam dadurch zu Stande, weil die Abstände für die Rohrhalterungen zu groß gewählt worden waren. Hierdurch entfiel ein zu großer Gewichtsanteil auf die später gebrochene Gelenkträgerklammer.
Unterschätzte Längendehnung von Rohrleitungen
Üblicherweise werden Rohrleitungen in „kaltem“ Zustand verlegt, das heißt bei Umgebungsbedingungen. Warmgehende Rohrleitungen, die also später erwärmte oder heiße Medien transportieren, dehnen sich im Betriebszustand aber wegen des Temperatureinflusses aus. Die Längenausdehnung ΔL lässt sich dabei mit folgender Formel berechnen:
Δ𝐿 = 𝛼 ⋅ 𝐿0 ⋅ Δ𝑇
mit:
Δ𝐿: Längenänderung
𝛼: Längenausdehnungskoeffizient (abhängig vom Material)
𝐿0: Ursprüngliche Rohrlänge
Δ𝑇: Temperaturänderung
Längendehnungen von Rohrleitungen sind auszugleichen
Die Längendehnung von Rohrleitungen ist bereits in der Planung durch eine entsprechende Stressberechnung zu berücksichtigen. Es sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Längendehnungen auszugleichen, zum Beispiel durch
In der nebenstehenden Abbildung sind als ein Beispiel für den möglichen Ausgleich von Längendehnungen bei Rohrleitungen Dehnungsbögen zu sehen (Quelle: HINE AG).
Eine Fernwärmeleitung war falsch berechnet worden
In diesem Beispiel war eine 5 km lange Fernwärmeleitung verlegt worden (2,5 km Vorlauf plus 2,5 km Rücklauf). Sie war zuvor als eine Rohrleitung mit verschweißten Verbindungen berechnet worden. Als Verlegetemperatur wurden 10 °C zu Grunde gelegt, für den Betrieb 105 °C. Für den Ausgleich der Längendehnungen wurden Festlager und Kompensatoren vorgesehen. Bei der Stressberechnung hatte man jedoch nicht beachtet, dass die Verbindungen zwischen den einzelnen Rohrstangen, aus denen die Fernwärmeleitung zusammengebaut wurde, nicht verschweißt werden sollten. Die Verbindungen sollten mit zu verschraubenden Rohrkupplungen hergestellt werden.
Rohrkupplungen sind nicht starr
In den Rohrkupplungen sind Dichtungen eingebaut. Im vorliegenden Fall solche, bei denen ein radial umlaufender Dichtungssteg zwischen die Stirnseiten der Rohrstangenenden platziert wird. Direkt zu Anfang des Betriebs der Fernwärmeleitung wurden diese Dichtungsstege abgequetscht, was zu entsprechenden Schäden geführt hat. Die Abquetschung der Dichtungsstege kam dabei durch die Längendehnung der Rohrstangen zu Stande. Sie dehnten sich nämlich in die Rohrkupplungen aus. Dort war offenbar der Widerstand bei der Längendehnung geringer als in den Kompensatoren. Das heißt, dass die Längendehnung zuerst in den Rohrkupplungen stattfand und erst dann in den Kompensatoren. Weiterhin kam es in bestimmten Rohrkupplungen, für die bis zu einem bestimmten Maß axiale Abwinkelungen zulässig sind, zu Undichtigkeiten. Hier wurden auf Grund der in den Rohrkupplungen stattfindenden Längendehnungen die zulässigen Abwinkelungen überschritten.
Für Anfragen zur Begutachtung von Schäden und Mängeln an Rohrleitungen besuchen Sie bitte die Website des Sachverständigen- und Gutachterbüros Dr. Hövelmann & Rinsche.